Als ich mich 2016 für den Umstieg zur Insulinpumpentherapie und damit für ein Insulinpumpenmodell entschieden habe, standen in der engeren Wahl die Accu-Chek Insight und die Metronic Minimed 640G. Warum die Accu-Check damals das Rennen gemacht hat, könnt ihr noch einmal detailliert nachlesen:
Accu-Check Insight – mein Erfahrungsbericht
Die für mich wichtigsten Punkte waren: Die vorgefüllten Ampullen, das Design und die Fernbedienung. Obwohl die Insight durchaus ihre Schwachstellen (nämlich genau die für mich ausschlaggebende Fernbedienung und die Limitation auf die NovoRapid-Insulinampullen) hat, war ich in den letzten Jahren sehr glücklich mit ihr – also warum eine andere Pumpe?
[Dieser Post enthält ausschließlich meine eigene Meinung und sämtlicher Inhalt wird nicht gesponsort oder von außen beeinflusst. ABER Medtronic stellt mir die Minimed 670G-Insulinpumpe samt jeglichem Zubehör sowie den Guardian-Glukosesensor 3 und das Contour Next LINK 2.4 Blutzuckermessgerät für maximal 12 Monate kostenfrei zur Verfügung, um das System testen zu können. Desweiteren enthält der Text unbeauftragte Produkt- und Markennennungen und Verlinkungen von anderen Firmen.]
Der Produkttest von Medtronic – so kam ich zur 670G
Im Rahmen einer Testaktion von Medtronic und der Blood Sugar Lounge bekomme ich so wie einige andere Diabetes-Blogger*innen und -Aktivist*innen die Möglichkeit, das neue Insulinpumpenmodell „Minimed 670G“ bis zu einem Jahr lang auszuprobieren. Das besondere an der Pumpe ist, dass sie das erste zugelassene „Hybrid Closed Loop“-Modell auf dem deutschen Markt ist – übrigens ist sie bereits in der Regelerstattung, ihr könnt sie also offiziell beantragen. Bei Interesse sprecht am besten euer Diabetes-Team an!
Was genau der „Hybrid Closed Loop“ kann, erkläre ich euch, sobald ich ich diese Funktion – den sogenannten „Auto-Modus“ – nutze. Den starte ich nämlich gemeinsam mit den anderen Tester*innen am kommenden Wochenende bei einem Event von Medtronic, zu dem ich eingeladen wurde. [Sämtliche Reisekosten werden hierbei von Medtronic übernommen.]
Seit einigen Tagen trage ich jetzt die 670G, die ohne ihre neue Special-Funktion erst einmal wie die 640G funktioniert – also wie das Modell, gegen das ich mich 2016 entschieden habe. Sie verfügt über eine Hypo-Abschaltung durch die SmartGuard-Technologie, da sie mit dem Guardian-Sensor, den ich ebenfalls im Rahmen des Tests trage, kommuniziert. Berichte zu der 640G findet ihr zum Beispiel bei Lisa (Lisabetes) oder Basti (Diabetes ohne Grenzen). Klingt super nice, oder? Trotzdem gab es Gründe, wegen denen ich mich damals gegen diese Pumpe entschieden habe.
Meine Bedenken (und wie sie über den Haufen geworfen wurden)
Bevor ich die neue Pumpe und den neuen Sensor am vergangenen Mittwoch angelegt habe, hatte ich zwei Haupt-Bedenken: Die (mögliche) Ungenauigkeit und Unzuverlässigkeit des Guardian-Sensors, von denen man immer wieder hört, und die klobige Haptik der Medtronic-Pumpe.
Die große Überraschung war und ist, dass der Sensor bisher tatsächlich tadellos läuft und misst und mich auch nicht ständig dazu nötigen will, neu zu kalibrieren. Weder von dem blutig gemessenen Wert noch dem Gewebezuckerwert vom Dexcom, den ich erst einmal weiterhin zusätzlich trage, weil ich ihm mehr Vertrauen entgegen bringe, weicht der Guardian-Sensor-Wert nennenswert ab. Außerdem habe ich bis jetzt keinerlei Probleme mit dem Pflaster, wovor ich nach dem Libre von Abbott etwas Angst hatte. Was wirklich doof ist, ist dass der Zuckerwert nur auf dem Pumpendisplay direkt abgelesen werden kann – also muss das Teil immer erstmal rausgefummelt werden.
Update: 2 Stunden später bekam ich einen völlig falschen Wert gemeldet, gefolgt von der Meldung, dass der Sensor sich aktualisiert. Kurz danach kam die Meldung, dass ich einen neuen Sensor setzen muss. Zu früh gefreut?! Immerhin klappte der Wechsel problemlos.
Medizinisches Gerät oder Billig-Spielzeug?
Und damit bin ich bei der schon angesprochenen Haptik des Geräts. Ich fühle mich richtig schlecht, wenn ich das so sage, aber mir gefällt an dem Pumpengehäuse eigentlich nichts. Für mich fühlt sich das Plastikgehäuse unheimlich billig an – ziemlich genau wie mein Tamagotchi in den 90er Jahren. Nur leider ist die Pumpe deutlich größer, wichtiger und auf eine längere Lebensdauer ausgelegt als dieser kleine Zeitvertreiber früher. Der Schlauchadapter macht mir – zumindest innerlich – nervöses Augenzucken, weil ich den abgeknickten Schlauch quasi schon riechen kann(*). Die Knöpfe sind super schwerfällig zu bedienen und mit der Mulde an der Rückseite – in der der Clip sitzen würde, wenn man ihn denn nutzt – liegt die Pumpe auch nicht schön in der Hand. Allerdings glaube ich, dass es da egal für welche Insulinpumpe sehr schwer sein wird, ähnlich handschmeichelnd wie die Insight rüberzukommen.
Ich habe die Pumpe jetzt die letzten Tage in meinem Hid-In-Bodyband getragen. Das ist zwar für die Insight-Größe (also „small“) ausgelegt ist, aber es passt trotzdem ganz okay. Tagsüber wäre damit alles safe, müsste ich die Pumpe nicht sowohl zum Bedienen (dazu komme ich weiter unten nochmal) als auch – wie schon erwähnt – zum Gewebezuckerwertchecken jedes Mal rausnehmen. Davon bin ich echt kein Fan, aber ich werde mich schon dran gewöhnen.
Neue Pumpe, neue Gewohnheiten
Apropos gewöhnen: Erinnert ihr euch an mein Theater um das Tragen der Insight in der Nacht? Bis ich die Bodybands entdeckt habe, habe ich ständig rumprobiert und fand nichts wirklich bequem – und die Pumpe einfach neben mir liegen zu haben war gar nicht denkbar. In der ersten Nacht mit der Minimed-Pumpe nahm ich sie irgendwann aus dem Hid-In-Band, weil ich es irgendwie unbequem beim Liegen fand und packte die Pumpe neben mich. Und habe damit geschlafen, als wäre nichts. Ich bin ganz verwirrt davon! Meine einzige Erklärung dafür, dass es mich nicht (mehr) stört ist, dass der Schlauch an dem Infusionsset, das ich gerade ausprobiere, 10cm länger ist als bei meinem Standard-Infusionsset bei der Insight. Fakt ist: Ich schlafe seitdem jede Nacht mit der Pumpe neben mir und alles ist cool.
Irgendwie damit zusammenhängen muss auch die Druck- bzw. Gewichtverteilung am Katheterpflaster, wenn die Pumpe dranhängt – bzw. die Angst davor, dass es dann sehr ziept. Leider habe ich das schon ein paar Mal getestet, eben weil die Pumpe im Bett nirgends an mir befestigt ist und weil ich sie tagsüber so oft rausholen muss. Aber wenn die Insight am Katheter gezogen hat, war das immer viel, viel unangenehmer. Bei der Minimed ist es mehr ein: „Huch, da baumelt ja was!“
Liegt das am Zubehör?
Zum Glück habe ich mir vor meiner Bewerbung zum Testen der 670G nicht so viel Gedanken über den anstehenden Wechsel des Zubehörs gemacht, sonst wäre mir meine Bequemlichkeit sicher in die Quere gekommen. Mit meinem ganzen Insight-Kram bin ich so schön eingespielt und kann sämtliches Zubehör ganz nebenbei wechseln. Und jetzt muss ich mir ne neue Routine antrainieren? Puh, hard knock life – und natürlich ein riesiges First World Problem.
Ich nutze gerade die Quicksets von Medtronic und bis auf das – für mich unhandlich erscheinende – Gefriemel beim Einsetzen des Katheters in die Setzhilfe, ist das Setzen/Einführen aktuell viel angenehmer. Ich weiß nicht, ob meine Insight-Setzhilfe vielleicht einfach durch Alterserscheinungen nachgelassen hat und der „Einschuss“ zu Beginn auch weniger ruppig war, aber im direkten Vergleich jetzt, ist der Unterschied wirklich groß und der Medtronic-Mechanismus liegt weit vorn.
Die Handhabung des An- und Abkoppeln ist ebenfalls eine andere als bei der Insight, die mir aber nicht besser oder schlechter gefällt. Er ist für mich nur wie der ganze Rest: ungewohnt.
Weniger „Autsch-Gefahr“?!
Was cool ist, dass die Nadel unter der Haut nicht aus Versehen umgeknickt werden kann, wie bei der Insight (glaube ich zumindest). Dadurch, dass durch die Form der „Ankoppelstelle“ zwischen Schlauch und Katheter der Hebelmechanismus nicht gegeben ist, sollte es deutlich schwieriger sein, das hinzubekommen. Wodurch auch eine Gefahrenstelle zum Katheterrausreißen minimiert wird und was auch zur Erträglichkeit, wenn mal Zug auf dem Schlauch ist, beiträgt.
Der Schlauch, sein Adapter und meine Sorge
Über den Unterschied von den Schläuchen an Insulinpumpen hatte ich mir bisher nie gedachten gemacht – ist es überhaupt möglich, dass es da einen gibt? Offenbar schon. Wie schon erwähnt, ist der Schlauchadapter für mich ein kleines (nunja: mittelgroßes) Manko, das ich in der Schulung auch angesprochen habe. Daraufhin bekam ich die Antwort, dass das Abknicken sehr unwahrscheinlich sei, weil der Schlauch 4-wandig (nagelt mich nicht darauf fest, dass ich mir das richtig gemerkt habe) ist. Wie auch immer der Schlauch von dem Insight-Pumpensystem beschaffen ist, er fühlt sich auf jeden Fall weniger fest an. Abgeknickt ist der mir aber auch nie.
Für mich ganz neu wird das Selbstaufziehen der Reservoire sein. Noch musste ich das nicht alleine machen, weil beim ersten Mal Julia, die Medtronic-Mitarbeiterin, die mich (bzw. uns, die an dem Tag alle dabei waren) sehr lieb auf das System geschult hat, geholfen hat. Und die vorgefüllten Ampullen waren, wie schon erwähnt, für mich ja einer der Hauptgründe für meine Insight. Mal sehen, wie ich damit auf Dauer klarkomme.
Da die Insight mich viele Nerven mit ihrer Fernbedienung gekostet hat, kann die 670G in dem Falle nur punkten – womit ich überhaupt nicht gerechnet hatte, denn eine richtige Fernbedienung hat sie ja nicht. Aber dafür lässt sich über das Blutzuckermessgerät ein Bolus abgeben. Also wenn es wirklich mal unpassend ist, sich unters T-Shirt (oder sonst wo hin) zu greifen, bleibt diese Alternative, die mich spontan sehr glücklich gemacht hat und auch wirklich problemlos funktioniert.
Soweit, so gut. Spanned wird es wirklich beim nächsten Insulinreservoirwechsel und natürlich beim Start des Auto-Modus’.