Kaugummi für’s Gehirn

Das hier habe ich Ende 2012 oder Anfang 2013 geschrieben. Es ist also älter, aber aktuell für mich. Heute erscheint mir alles unlösbar. Ich muss/möchte einen Termin wahrnehmen, für den ich über 30 Kilometer fahren muss und so richtig wohl fühle ich mich einfach nach wie vor nicht im Auto und ich weiß, dass ich danach extrem erschöpft sein werde – das bin ich ja jetzt schon. Es ist Donnerstag, Montag will ich wieder zur Schule, aber ich fühle mich immer noch so K.O., dass ich im Moment nicht weiß, wie das gehen soll. Außerdem habe ich da Angst vor. Mein altes Ich möchte alles hinschmeißen, mein neues Ich ist erschöpft. Also keine Ahnung. Ich bin viel-leicht überfordert:

Ich bin viel leicht überfordert. Im Sinne von: sehr ein bisschen. In meinem Kopf ist so viel los, dass ich manchmal überlegen muss, wie alt ich bin. Um dann auf das falsche Ergebnis zu kommen. Es soll ja Menschen geben, bei denen die Extrawurst so runter geht wie bei anderen ein Schluck Wasser. Ich bin krüsch, was Extrawürste angeht. Obwohl mir angeblich welche zustehen. Ich möchte gerne 8,3 Stunden pro Tag arbeiten, dann noch Sport machen, keine Konservierungsstoffe essen, zwischendurch Sex haben und regelmäßig auf Konzerte gehen. Krieg ich aber nicht hin. Ich arbeite gerne, aber wenn ich einen Tag geschafft habe, fühle ich mich wie eine 90-Jährige mit Demenzerkrankung. Da weiß ich nicht einmal mehr, was Konversationsstoffe sein sollen. Wie kriegen das andere Leute hin? Haben die nicht diese Kraftlosigkeit? Ist mein Selbsthass berechtigt, weil ich einfach nicht hart genug bin? Ich kau diese Gedanken in meinem Kopf wie Kaugummi durch. Bis es kleine, harte, geschmacklose Klumpen sind. Daraus noch ne geile Blase machen? Nix is’. Im Moment denke ich, dass Aussteiger-sein großartig sein muss. So Richtig Selbstversorger-Öko-Hoschi. Bisschen seltsam sind die ja alle. Und wenn ich irgendwo mithalten kann, dann im Seltsam-sein. Habe überlegt, wenn es so weitergeht und ich vielleicht sogar zu untalentiert für arbeitslos bin, ob ich dann obdachlos werde. Bin zu dem Entschluss gekommen, das möglichst zu vermeiden. Bin ich n zu großer Schisser. Und müffeln mag ich auch nicht. Aussteiger müffeln nicht, oder? Sollte dringend welche zum Beschnuppern suchen. Traue mir zu, Karotten im Garten zu pflanzen. Esse dann Karotten, trinke Karotten, nehme Karotten als Lippenstift. Klasse. Sollen ja auch gut für die Augen sein, die Möhrchen, spar ich mir die Kontaktlinsen. Dann nennen mich alle “Karotten-Kaddi”. Ist doch auch schön. Genau genommen habe ich ja einen Lebensplan. Also den mit den Karotten halt. Bin mir nur nicht sicher, wie weit ich damit komme.

Wie kommt man zu dem Punkt, dass man dem Kopf nicht mehr zuhört? Mein Lebenlang dachte ich, denken wäre gut. Deswegen dachte ich das ja. Aber auf einmal fange ich an zu checken, dass weniger Gedankenmachen vieles erleichtert. Aber ich meine: Hä? Denken ist doch super, weil: … das hilft doch, oder nicht? Wenn ich nicht denke, bin ich doch etwas dumm, oder nicht? Bin ich, wenn ich nicht denke, trotzdem ich? Das Denken macht mich doch aus. Würde nicht jeder denken, wie er denkt, würden doch alle das gleiche sagen. Oder nicht?

Ich hätte gerne jemanden, der mir sagt: So und so ist das zu 100% und da gibt es auch keine andere Möglichkeit. In möglichst allen Lebenslagen. “Das hier ist total reiner, hübscher, frischer Salat! Da haben keine Petizide draufgerotzt und auch kein Feldarbeiter gegen gepinkelt!”, “Sie haben trockene Haut, da hilft genau dieses eine Produkt optimal! Da wird keiner von einer anderen Firma etwas anderes sagen!”, “Das ist Paul, Paul liebt nur dich und findet deine Cellulite viel erotischer als die anderer Frauen.” So was eben.

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