Ich wär’ gern ein bisschen mehr wie du

Ich bin euphorisch.
Ich hasse und ich liebe leidenschaftlich.
Ich bin superglücklich oder todtraurig.
Ich fühle mich gut oder ich fühle mich schlecht.
Jemand ist schön oder jemand ist hässlich.
Ich bin dafür oder dagegen.
Entweder ich kann etwas sehr gut oder ich kann es gar nicht – in meiner Aufassung.
Und zufrieden bin ich nie mit dem Mittelmaß.

Oft wünsche ich mir, unauffällig zu sein. Unauffällig im Sinne von angepasst, ohne etwas auszureizen. Ohne aus dem Rahmen zu fallen. Ohne Spitzen im Stimmungsbarometer. Wenn man davon ausgeht, dass sich mein Glücksempfinden auf einer Skala von 10 bis -10 bestimmen lässt, habe ich keine Ahnung, wann ich ne 8 oder ne -8 fühle. Und wie sich das überhaupt anfühlt. Ich dreh auf, wenn was ist. Ich quietsche vor Glück und überschütte Menschen mit Liebe oder ich bin so bedrückt, dass nicht mal niedliche Tierbilder mehr helfen (Orrr, guckt mal, ich raste auuuus: Lovelovelove.) Ist “okay” eigentlich ein zugelassenes Gefühl? So ein echtes mit Wert? Apropos Wert. Ich habe Angst davor, bewertet zu werden, aber ich bewerte alles. Ich bin ein schlechter Mensch, weil ich das tue. Und es ist egal, wann und wie oft ich das tue. Der Fakt, dass ich es tue, macht mich zu einem schlechten Menschen – und zwar richtig. Wie können sich Menschen lieben? Sich selbst, meine ich. Es kann doch nicht sein, dass ein Mensch innerlich nur gute Dinge denkt. Immer fair ist, immer hochherzig handelt. Und ist man nicht 100%ig gut, ist man schlecht. Ganz oder gar nicht, oder nicht? Wie soll ich mich lieben, wenn ich nicht perfekt bin? Ich bin nicht schlank, ich bin nicht schön, ich habe nen großen Hinter, aber kleine Brüste, ich habe ein Knautsch-Gesicht und keine schönen Zähne, ich habe Aknenarben, dünne Haare und mir misslingen Dinge. Ich kann nicht alle Sprachen (und nicht mal richtig Englisch), ich bin nicht mutig (oder bin wenigstens nicht aufgeregt vor ganz alltäglichen Dingen) und ich habe keine Vorstellung von meinem Leben (oder von den nächsten Monaten). Entweder ich nehme jetzt etwas richtig in Angriff oder gar nicht. Aber was will ich denn in Angriff nehmen? Ich habe nicht das Gefühl, vieles gleichzeitig zu machen. Ich möchte mich um mich kümmern. Ich denke viel über Rohkost-Ernährung nach. Und über Sport (wie viel Anstrengung geht, ohne es zu übertreiben?). Und über (fürs Leben) lernen. “Normalerweise” müsste natürlich beides gehen. Das, was ich da aufgezählt habe, ist ja eigentlich nichts großes. Dinge, die man nebenbei macht und vielleicht nicht mal wahrnimmt. Und für mich ist es schon wieder eine Aufgabe. Und das finde ich schlecht an mir. Obwohl ich es auch okay finden könnte, dass ich bereit bin, für mich zu sorgen. Aber “okay” ist eben eigentlich nicht existent.

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