Ich bin geplagt von Selbstzweifeln, habe kein großes Allgemeinwissen und sage Zuschini, anstatt Zucc(h)ini. Das sind einige der Dinge, die mich an mir stören – und ihr könnt euch denken, dass diese Liste meiner Ansicht nach sehr, sehr lang werden könnte. Für Worte, die ich falsch ausspreche, kann man mich gerne kritisieren – ändern werde ich es wahrscheinlich trotzdem nicht mehr. Schina, Schemie, Zuschini. In your face. Aber bei allem Fehlerhaften und Fragwürdigen an mir – aus wessen Sicht auch immer – werde ich mir mit der Zeit einer Sache, die mir an mir gefällt, immer sicherer: Meine Sensibilität. Ich merke, dass sich deine Stimmung aus dem Nichts ändert, auch wenn du 2 Meter hinter mit gehst. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ein Tiertransporter an mir vorbei fährt. Und auch sonst bin ich „schwinungsmäßig“ furchtbar empfänglich. Lange dachte ich, ich sei einfach zu weich. Und wenn ich das Wort „sensibel“ benutzte, dann mit negativer Bedeutung. Aber was genau soll daran falsch sein? Wenn ich das tue, womit ich mich sicherer fühle, bin ich darin auch besser. Darum kann es ein großer Vorteil sein, wenn mein Bauchgefühl (oder was auch immer) mit in Entscheidungen reinspielt, die richtungsweisend sind.
Neben dem Herzen einer Crazy Cat Lady schlägt in meiner Brust schließlich auch das eines typischen Pferdemädchens vom Dorf. Und besonders für den Umgang mit meiner Reitbeteiligung, Farandi, ernte ich immer wieder blöde Sprüche. Und zwar von Leuten, die es überhaupt nichts angeht, was ich da veranstalte. Heute traf ich am Hof jemanden, der einen guten Ausritt dadurch definiert, wie sehr das Pferd geschwitzt hat… sprich es könnte mir egal sein, was diese Person sagt. Aber als ich los reiten wollte kam die übliche Frage: „Na, traust du dich inzwischen auch alleine zu reiten?“, und ich habe einfach keine Lust mehr, darauf zu antworten. Nachdem ich Anfang 2013 nach einer dreijährigen Unterbrechungen wieder mit Farandi angefangen habe, bin ich ihn die ersten Monate nicht geritten. Dies hatte folgende Gründe: Ich war zu schwer (fühlte mich zu schwer) und wir mussten uns erst einmal wieder beschnuppern. In den Köpfen der anderen Einsteller entbrannte ein: „Oh, das Mädchen hat Angst vor dem Pferd.“ Ich konnte dagegen reden, wie ich wollte, das Gerücht blieb dort hängen. Als ich abgenommen hatte und Farandi und ich am Boden so viel gearbeitet haben, dass wir unsere „Respekt mit Spaß“-Ebene wieder aufgebaut hatten, fing ich auch wieder an zu reiten. Nur nicht mit dem Ziel, möglichst verschwitzt aus dem Gelände wieder zu kommen. Und das scheint zu unkonventionell zu sein. Genauso, dass ich manchmal eine ganze Woche lang nicht reite, sondern nur zum Putzen, Kuscheln, Spazierengehen oder für Roundpen-Arbeit komme. Manchmal, weil ich nicht fit genug zum Reiten bin und manchmal, weil ich merke, dass es kein guter Tag dafür wäre. Vor ein paar Wochen habe ich eine tolle, neue Reitlehrerin (http://www.reiten-im-dialog.de/) gefunden und ich fühle mich darin unterstützt, für das Wohlbefinden von Farandi und mir zu arbeiten und nicht für irgendeine Leistung.
Und genauso ist es in vielen Situationen in meinem Leben. Ich handele nach meinem Gefühl, weil das sehr fein ausgeprägt ist. Und wenn mein Gefühl weiß, dass die Chemie irgendwo gut ist, ist es auch einfach scheißegal, dass ich sie „Schemie“ nenne.
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Liebe Katharina,
ein schöner Beitrag.
Auch für mich bemisst sich gutes Reiten nicht daran, wie stark ein Pferd geschwitzt hat. Bleibe deinem Weg treu und du wirst deinen Platz im Leben finden.
Ich freue mich, dich und Farandi ein Stück zu begleiten.
Ellen Keßler