I’m on a seafood diet. I see food and I eat it.

Seitdem Lilly, das Pinselohrkatzenmädchen, hier wohnt, gucke ich viel wegen Katzen-Ernährung umher. Ich habe so dermaßen Panik, dass die Katze übergewichtig wird, dass ich selber merke, wie übertrieben das ist. Aber diese Angst, die da hinter steckt, entspricht nicht meiner reinen, grenzenlosen Tierliebe. Es ist wegen mir. Wegen meines Gewichts, wegen meines Aussehens, wegen des Gefühls damit. Welch eine Überleitung. Nun war ich gerade auf der Seite eines Katzen-Pasten-Herstellers und einer derer Slogans lautet: Füttern kann wie Streicheln sein. Und das beschäftigt mich. In vielerlei Hinsicht. Aufs Tier bezogen und auf mich bezogen. Und weil das hier kein Katzen-Blog ist, geht es jetzt um mich (mich, mich, mich), aber das Kätzchen könnt ihr ja trotzdem einmal kurz süß finden:

Ich glaube, ich habe schon einmal erwähnt, dass ich Essen nicht nur als Lebensmittel nutze, sondern auch als Trostspender, als Belohnung oder gegen Langeweile. Neu dazu gekommen ist aber der Aspekt der Bestrafung durch essen. Aber ich fange mal vorne an – durcheinander wird es so auch sein.

In meiner Kindheit gab es, insbesondere von meiner Tante, immer Liebesbeweise in Form von Süßigkeiten. Sie meinte es gut, wir haben uns nicht oft gesehen, aber ich wurde damit wirklich zugeschüttet. Ich besaß einen Süßigkeiten-Schrank. Der immer gefüllt war – nicht nur mit Süßigkeiten, die ich von meiner Tante bekam. Ganz ehrlich, ich kann mich an meinen Süßkram-Komsum und meine Ernährungsweise von meiner Kindheit nicht erinnern. Ich weiß einfach nur, dass die Süßigkeiten zur Verfügung standen und wann es zu einem Problem wurde. Während des Mobbings fing ich an aus Traurigkeit zu essen. Irgendwie auch als Ersatz für Kontakte. Und da habe ich auch zum ersten Mal wirklich zugenommen. Ich war nicht zu dick, aber auch nicht mehr dünn. Und irgendwie doch schwerer, als die anderen. Etwas später kam die Trennung meiner Eltern und meine Schulangst. Da kam das Essen aus Langeweile hinzu. Zudem war ich früher viel mit einer Person unterwegs, die schon zum Frühstück zwei Streuselschnecken gegessen hat, was ich zu dem Zeitpunkt als extrem lässigen Lebensstil empfand. Dennoch hatte ich über die Jahre immer ein ungefähr gleiches Gewicht, zwischen 76 und 78kg. Während die Zeit verging und ich mich immer mehr Sachen stellen musste, kam dann eben auch das Belohnungsessen dazu. Sprich: Egal ob Erfolg oder nicht, es gab Essen. Weil entweder Belohnung oder Frust. Und mit Essen meine ich im Großen und Ganzen einfach nur Süßigkeiten. Ich war nie der bei den Hauptmahlzeiten komplett Durchdreher-Typ, da gab es normale Portionen. Irgendwann ass ich so viel Süßes, dass meine Mutter ihre Sorge aussprach, dass ich irgendwann Diabetes bekomme (Ironie des Schicksals, wa?), wobei sie natürlich Typ 2 meinte. Und dann kam die Zeit kurz vor der Typ 1 Diagnose, wo ich zwar auch unheimlich Bock auf Süßes hatte (vorallem in Form von Getränken), aber dennoch abgenommen habe. Und ich war so glücklich. Ich glaube, auch darüber habe ich schon mal geschrieben. Ich dachte einfach, es wäre der Erfolg schlechthin. Dieses literweise trinken und einfach immer dünner werden. Doch dann hieß der Erfolg Diabetes und in meinem Wissen gab es keine verschiedenen Typen davon, in meinem Wissen gab es nur: Mama hatte Recht. Zum Zeitpunkt der Diagnose habe ich 68kg gewogen. Ich dachte immer, ich muss nur noch ein bisschen Sport machen, damit alles fester wird und dann bin ich schön. Weil schön zu sein in meinem Kopf, zumindest auf mich selbst bezogen, mit dem Gewicht zu tun hat. In Folge der Diagnose habe ich mich einige Monate radikal anders ernährt. Erstens, weil mir in der damaligen Diabetologie nicht ganz die Flexibilität aufgezeigt wurde, die man mit Typ 1 hat und zweitens, weil ich es wollte. Also wurde Süßkram verschenkt, Vollkornprodukte und Gemüse eingekauft und losgelegt. Natürlich habe ich nach der Diabetes-Einstellung wieder etwas zugenommen. Lag dann ca. ein Jahr später bei 74kg, aber das war okay. Doch dann fing der Depressions-Strudel an. Mit dem Gefühl, nur beim Essen etwas zu empfinden. Anfang 2010 wog ich dann 83kg und habe mich gefühlt wie eine Tonne, aber hatte auch nicht die Kraft, etwas zu ändern. Irgendwann steigerte sich mein Gewicht auf 94kg – eine genaue Erklärung hatte ich allerdings nicht. Es kam der Moment, wo ich einfach nur wollte, dass es weggeht. In meiner Fantasie wollte ich das Fett abschneiden. Ich habe angefangen jeden Tag Youtube Workouts zu machen, bis mir schlecht vor lauter Anstrengung war. Ich habe nichts Süßes gegessen, abends nur Salat, pipapo. Und es änderte sich nichts. NICHTS. Manchmal wog ich sogar noch ein bisschen mehr, als beim Wiegen davor. Das war so deprimierend. Im Mai 2012 bin ich vom BerlInsulin Normal auf Liprolog umgestiegen. Da das gesunde Gegesse und Gesportel einfach nichts gebracht hat, außer, dass es weniger geschwabbelt hat, habe ich wieder angefangen normal (auch ungesund) zu essen und rumzuhocken. Irgendwann habe ich mich wieder gewogen und war bei 85kg. Dann habe ich mich noch ein bisschen auf meinen Körper konzentriert und kam auf 82. Was zwar auch nicht dem Gewicht von “damals” entsprach, aber ich fand mich nicht mehr ganz grausam. Dieses Gewicht habe ich über Monate, mit kleinen Abweichungen, bis zum Schub gehalten. Jetzt bin ich bei 86kg. Und, ich schätze, weil ich derzeit nicht zufrieden mit meinem Weg bin, entstand dazu das Essen als Bestrafung. Mit einem Gedanken wie “Das hast du davon”, “Das wird eh nie anders” usw. Es gibt Phasen, da ist das größte Problem wirklich die Nascherei, die maßlos ist. Aber dennoch sind die Hauptmahlzeiten ausgewogen. Sprich, ich bekomme irgendwie irgendwelche guten Nährstoffe. Und dann gibt es Phasen, da stopfe ich nur Quatsch in mich rein. Und das ist das Schwierigste, weil es einer Anstrengung bedarf.
In den Jahren habe ich fragwürdige Frauenzeitschrift-Diäten ausprobiert, habe mir Bücher über Promi-Diäten gekauft und mir vor Augen geführt, wie wenig ich wie ein retuschiertes Model aussehe. Als ich Vegan For Fit von Attila Hildmann durchgeblättert habe, habe ich das erste Mal die Sache mit “gesunden Alternativen” nachvollziehen können, was nicht bedeutet, dass ich die 30-Tage-Challenge durchgehalten habe. Trotzdem konnte ich meine Ernährung seitdem mit Nussmusen und Quinoa ergänzen, worauf ich vorher nie gestoßen wäre. Im letzten Jahr habe ich zwei Mal den 5 Tage Detox Plan von Our Clean Journey gemacht. Damit habe ich ein paar Kilos und Bauchumfang verloren und es hat mir gutgetan. Dennoch verfalle ich immer wieder in alte Muster. Obwohl mir alles aus diesem Plan schmeckte, macht mich allein der Gedanke an Verzicht nervös. Was mich auch wieder zu dem Rohkost-Thema bringt. Es spricht nichts dagegen, es auszuprobieren. Zu sehen, wie es mir damit geht. Aber ich will nicht verzichten. Dennoch ist mir inzwischen bewusst, dass Essen dann Belohnung ist, wenn es gut ist. Gesund und gut. Und, wenn wir, um den Kreis zu schließen, noch einmal auf die Katzen-Ernährung zurückkommen, ist es da das gleiche: Liebe bedeutet nicht, Leckerlies zu kaufen, in denen irgendwelche Lockstoffe enthalten sind. Liebe zeigt man am besten durch ehrliches lieben mit beim Streicheln Herzchen in den Augen haben oder nette Sachen sagen, zu denen man steht. Nicht durch füttern oder durch essen.

Und dann kommt der Schritt, es zu ertragen, geliebt zu werden. Darüber kann ich euch nichts erzählen, damit kenne ich mich echt nicht aus.

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