Fangen wir ganz vorne an: Als ich im Mai 2016 zur CSII wechselte, begann es – ganz normal – mit einer Erprobungsphase von drei Monaten. Nach dieser Zeit möchte die Krankenkasse (bzw. der Medizinische Dienst der Krankenversicherung) von ihnen definierte Erfolge sehen.
Diese Erfolge bedeuten meistens eine oberflächliche Verbesserung des HbA1c, was wiederum auf eine bessere Einstellung des Diabetes schließen lassen können soll. Ich konnte diese Art von Erfolg nicht vorweisen und bekam zunächst immer weiterführende Erprobungsphasen bewilligt, bis ich in diesem März eine Ablehnung der weiteren Kostenübernahme erhielt.
Da ich mich mit der Insulinpumpentherapie sehr wohl fühle und aus meiner Sicht durchaus eine Verbesserung meines Lebens mit Typ-1-Diabetes erreicht habe, reichte ich Einspruch ein, der – nach vielen Wochen Bearbeitungszeit – mit der Zusage einer weiteren Erprobungsphase beantwortet wurde.
Die Freude und das „ABER“
Meine Gefühle und Gedanken zu dieser Situation sind sehr gemischt. Natürlich ist erst einmal alles besser als eine Ablehnung und der (Rück-)Schritt zur ICT und darum freue ich mich auch wirklich sehr darüber, die Pumpe noch mindestens bis Oktober tragen zu dürfen, dennoch folgt ein „ABER“. Eines dieser, das man in Großbuchstaben denkt und schreibt und das wirklich die Stimmungslage beeinflusst. ABER ich kann mich nicht uneingeschränkt freuen, genaugenommen freue ich mich immer weniger. Diese andauernde Probezeit raubt mir langsam die Motivation.
Warum Basalratentests machen, wenn das Basalinsulin wahrscheinlich eh bald wieder mit dem Pen gespritzt werden muss und dadurch nochmal anders berechnet wird?
Diese von außen als nötig empfundene Zeit gibt mir das Gefühl, den Diabetes nicht richtig zu managen, nicht gut genug zu sein. Warum also so sehr anstrengen, wenn das Ergebnis nicht anerkannt und gewürdigt wird? Und ja: Klar geht es bei der Verbesserung der Diabetes-Einstellung in erster Linie um meine Gesundheit. Mir ist bewusst, dass sich alleine deswegen jede Anstrengung lohnt. Aber diese Unsicherheit, ob das Probieren, Testen und Experimentieren mit der Insulinpumpe wirklich noch Sinn für die Zukunft hat, nimmt mir die Freude.
Außerdem bleibt meine Frage: Wo ist das Problem seitens der Krankenkasse? Wenn jeder Antrag auf Kostenübernahme der Insulinpumpenversorgung für Patienten mit einem HbA1c über 7,5%, abgelehnt werden würde, müssten so einige von jetzt auf gleich wieder zum Pen greifen.
Warum hat die Krankenkasse überhaupt diese Macht?
Ich fühle mich bei dieser Sache oft an die Zeit in der Fahrschule zurückversetzt, wo ich nicht so richtig nachvollziehen konnte, warum es so viel wichtiger ist, was ein Prüfer von außen sagt, als die Meinung, die sich mein Fahrlehrer die ganzen Monate zuvor über mich und meine Fahrkompetenz bilden konnte. (Übrigens bin ich in der ersten praktischen Prüfung durchgefallen. Der Moment, in dem mein Fahrlehrer dem Prüfer erzählte, dass ich Diabetes habe, war sehr offensichtlich der, in dem der Fahrprüfer dachte: „Okay, die Nächste bitte.“)
Läge die Entscheidung über die Bewilligung meiner Insulinpumpe bei meinem Diabetes-Team, wären Pumpine und ich längst ein Team, bis dass der Tod uns scheidet.
Routine, aber kein Alltag und keine Zukunftsplanung
Dieser Schwebezustand hindert mich daran, weiterzugehen. Seitdem ich die Pumpe habe, wollte ich mir gerne einen Tragegurt von „Hid-In“ kaufen, habe es aber bis heute nicht getan, weil ich immer denke, dass es so schade wäre, dafür Geld auszugeben, wenn ich die Pumpe dann doch wieder abgeben muss.
Den Schritt in den Alltag mit Pumpe kann ich so einfach nicht gehen – was nicht bedeutet, dass ich nicht längst routiniert im Katheter- und Insulinwechsel bin und jeden Knopf blind drücken kann –, es fehlt nur eben an Sicherheit und der Möglichkeit, das Leben MIT PUMPE planen zu können.
Und es ist kein schönes Gefühl, mehr oder weniger darum betteln zu müssen, einigermaßen angenehm mit Typ-1-Diabetes leben zu dürfen.
(Dieser Beitrag ist am 17. Juli 2017 in der Blood Sugar Lounge erschienen.)